Hintergründe, Bedingungen, Unterstützungsmöglichkeiten

Unmotivierte Schülerinnen und Schüler zu erleben ist belastend und führt meist zu dem Gefühl, versagt zu haben. Der einführende Beitrag fragt deshalb: Welche Probleme mit der Motivation von Schülern gibt es? Was wissen wir über Motivation? Welche Konsequenzen hat das für die Praxis? Kurz: Was kann ein Lehrer oder eine Lehrerin tun, um die Lernenden dabei zu unterstützen, sich selbst zu motivieren?

Was häufig zum Thema Motivation zu hören ist

Im Lehrerzimmer: … die achte Klasse ist seit Wochen völlig unmotiviert, man kann sie mit nichts wirklich begeistern.

Oder: … heute habe ich die Schüler richtig gepackt; sie haben den Text angeregt und gut in Gruppen diskutiert.

Im Gespräch mit den Eltern: …Wenn Peter nur wollte, dann könnte er viel mehr schaffen; man müsste ihn nur mehr motivieren.

Oder: … Frau M. bringt den Stoff so wenig motivierend an die Schüler heran, da ist es kein Wunder, dass die ganze Klasse schlechter geworden ist.

Als allgemeine Diagnose: … Die Schüler sind heute so verwöhnt von den Darstellungen der Medien; da kann Schule nicht mithalten.

Anhand dieser geläufigen Sätze lassen sich Facetten eines Alltagsverständnisses von Motivation erkennen. Da wird Motivation verstanden

  • als zentrale Voraussetzung für Lernen, die aber meist unter dem Aspekt diskutiert wird, dass sie fehlt;
  • als eine Art Kraft, die von außen geweckt werden muss oder durch Personen beziehungsweise Umstände verhindert wird;
  • als Aufgabe des Lehrenden, der Interesse für eine Sache durch Gestaltung und Animation wecken sollte; oder
  • als Interesse an der Sache, das den Schüler intrinsisch – also von innen her kommend – packt, was aber mit schulischen Inhalten nur selten zu erreichen ist;
  • als externer Reiz, der deshalb zu den Möglichkeiten der Medien in Konkurrenz gesehen wird.

Kurz: Motivation wird vielfach verstanden als etwas, was von außen an die Schülerinnen und Schüler herangetragen beziehungsweise in die Schüler(innen) hineingebracht werden muss, was durch Animation und interessante Gestaltung geweckt wird – und deshalb auch in Konkurrenz zur medialen Animation gesehen wird – was also lehrerzentriert und lehrergesteuert funktioniert.

Ein lehrerzentriertes Verständnis von Motivation hat aus drei Gründen unnötige Belastungen zur Folge; denn es bewirkt

  • lediglich ein kurzfristiges Interesse und das erfahrungsgemäß nur bei einem Teil der Schüler(innen), muss also immer wieder aufgefrischt werden;
  • bei den Lernenden eine Einstellung zum Unterricht, die den Lehrer für Motivation verantwortlich macht;
  • beim Lehrenden angesichts nicht-motivierter Schüler Versagensgefühle und die Frage: Was mache ich falsch?

Ein lehrerzentriertes Verständnis von Motivation geht darüber hinaus von falschen Voraussetzungen aus. Denn Motivationstheorien nehmen eine schülerzentrierte Perspektive ein. Sie verstehen Motivation als einen psychischen Prozess, der nicht von außen hervorgerufen, wohl aber durch entsprechende Arrangements ermöglicht und befördert werden kann. Der Lehrende kann dementsprechend Motivation (als Teil des Lernprozesses) nicht machen, er kann aber Lernarrangements gestalten, in denen der Lernende die Möglichkeit hat, etwas zu seiner eignen Sache zu machen.

Um diese knappe These zu begründen, sollen einige motivationstheoretische Erkenntnisse vorgestellt werden; sie lassen gleichzeitig erkennen, dass viele Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Schulen auf dem richtigen Weg sind.

Der Abschied vom Lehrenden als Motivator

Lernen erfordert neben der Beherrschung von Lernstrategien auch die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren. Deshalb fragen wir in diesem Heft:
Was kann ein Lehrer oder eine Lehrerin tun, um die Lernenden dabei zu unterstützen, sich selbst zu motivieren?

Helfen kann bei der Beantwortung dieser Frage eine prozessorientierte Vorstellung von Motivation und ein Konzept, das von den Psychologen Edward L. Deci und Richard M. Ryan Mitte der 80er Jahren entwickelt wurde: die Selbstbestimmungstheorie der Motivation (1985); eine Theorie, die im Zusammenhang mit Konzepten des aktiven und selbstregulierten Lerners immer häufiger herangezogen wird.

Definition und Modellierung von Motivation als Prozess
Zunächst eine allgemeine Definition, die Motivation als Prozess mit verschiedenen Phasen fasst – eine Definition, wie sie von Dresel und Lämmle (2011) in dem Band »Emotion, Motivation und selbstreguliertes Lernen« in Anlehnung an den aktuellen Stand der Motivationsforschung angeboten wird: »Motivation ist ein psychischer Prozess, der die Initiierung, Steuerung, Aufrechterhaltung und Evaluation zielgerichteten Handelns leistet.« (ebd., S. 81) Diesem aktuellen Verständnis von Motivation liegt ein weit verbreitetes Modell eines Prozesses von Motivation zugrunde – das von Heckhausen entwickelte »Rubikon-Modell der Handlungsphasen« (vgl. Abb. 1).

Lehrer können in diesem Prozessmodell am ehesten die Abstraktion eines Projekt-Prozesses erkennen: Bei der Projektarbeit gibt es in der Regel zu Beginn einen thematischen Rahmen und innerhalb dessen zunächst einmal eine Phase des Abwägens: Was könnte mich genauer interessieren, was möchte ich erkunden, erproben, erfahren, genauer wissen … Dabei wird von jedem einzelnen bewertet, welcher Aspekt des Themas für ihn bedeutsam sein könnte; es wird aber auch bedacht, ob es zu erwarten ist, dass das angestrebte Ziel erreicht werden kann. Endet diese Phase des Abwägens mit einer hinreichend positiven Bilanz, dann wird eine inhaltliche Entscheidung getroffen (was will ich tun) und ein erstes Handlungsziel formuliert (wie will ich das erreichen).

Diesen Moment im Prozess der Motivationsentwicklung vergleichen Motivationsforscher mit dem Überschreiten des Flusses Rubikon durch Cäsar, also dem unwiderruflichen Eintritt seiner Truppen in die Handlungsphase – den römischen Bürgerkrieg. Im Motivationsprozess bedeutet das: Der Durchbruch ist geschafft – jetzt habe ich etwas zu meiner Sache gemacht, jetzt weiß ich, was ich will, jetzt mache ich einen Plan … Deutlich wird hier, dass ein Aufbau von Motivation nur gelingen kann, wenn es im Lernprozess Spielräume gibt für eigenständige Entscheidungen und damit für Beteiligung.

Für die Praxis wird damit erkennbar, warum es bedeutsam und motivationstheoretisch begründet ist, wenn die Lernenden zu Beginn des Unterrichts beispielsweise in der Lernzeit oder im Lernbüro (wo es um eigenständiges Arbeiten in den Kernfächern geht) selbst darüber entscheiden, welchem Arbeitsfeld sie sich zu Beginn der Arbeit zuwenden wollen.

Darüber hinaus zeigen Schüleraussagen zu dieser Abwägungsphase, wie wichtig es ihnen ist, selbst überlegen zu können, was für sie heute und jetzt bedeutsam ist und was ihnen am ehesten gelingen könnte.

Die darauf folgenden Phasen der Planung, der Durchführung und der anschließenden Reflexion beziehungsweise Bewertung, in der dann Schlussfolgerungen für zukünftiges Handeln gezogen werden, sind im Rahmen von Projektarbeit bekannt. Auch wenn es im Projektunterricht Krisen geben kann (und muss), so ist in solchen Prozessen doch selten davon die Rede, dass der Lehrer »für Motivation sorgen« muss. Dafür sorgen die Lernenden selbst, weil sie in ein Lernarrangement eingebettet sind, in dem sie eigene Ziele verfolgen und erreichen wollen. (vgl. den Beitrag von Zankel in diesem Heft).

Im »regulären Unterricht des Lernbüros« oder der »Lernzeit« beispielsweise folgt der Phase der Abwägung und der Entscheidung für eine Sache die konkrete Planung: Eine Überlegung mit Hilfe des Logbuchs oder des Wochenplans, in der der Schüler sein Ziel konkretisiert. »Ich will heute in Mathematik … schaffen.« Dabei wird dem Handeln durch die genaue Benennung des Ziels eine Richtung gegeben; denn der Lernende kann in der Regel bei der Entscheidung für einen Aufgabentyp wählen zwischen unterschiedlichen inhaltlichen Varianten, Handlungs- und Anspruchsvarianten. Damit ist die Phase der Planung abgeschlossen (vgl. Abb. 1).

In der Handlungsphase kommt es dann zur Realisierung des gesetzten Ziels. Hier erfährt der Lernende immer wieder neu, dass er das Ziel nur erreichen kann, wenn er Anstrengung und Ausdauer aufbringt und sich nicht ablenken lässt. Da er sich aber selbst sein Ziel gesetzt hat, wird ihm das Aufbringen der notwendigen Arbeitsdisziplin leichter fallen (vgl. zu diesem Aspekt auch PÄDAGOGIK H. 1/2012). In der Regel kommt er gar nicht auf die Idee, dass der Lehrer ihn motivieren müsse oder dass dieser dafür verantwortlich sei, dass die Arbeit gelingt. Voraussetzung ist allerdings, dass er bei Pro­blemen jeder Art einen Ansprechpartner hat. Das können Schüler(innen) im Chef- oder Helfersystem sein oder Lehrer(innen), die etwas von der Sache und vom Lernen verstehen, die sich einfühlen und hineindenken können in inhaltliche, lernstrategische oder soziale Schwierigkeiten.

In der Bewertungsphase kommt die Rückmeldung als Reflexionsinstrument ins Spiel. Hier werden entweder Produkte von Einzel- oder Gruppenarbeit präsentiert und vom Lernenden selbst und/oder der Lerngruppe und/oder dem Lehrenden analysiert und beurteilt. Letztlich geht es dabei um Schlussfolgerungen für zukünftiges Handeln. (Siehe dazu auch den Beitrag von Wilkening in diesem Heft; zur Beschreibung der Phasen vgl. auch Dresel/Lämmle S. 83.)

Intrinsische oder Extrinsische Motivation – kein Gegensatz

Bislang war in der Prozessbeschreibung an mehreren Stellen davon die Rede, dass etwas »zur eigenen Sache« werden soll. Diese Form der Motivation wird in der Regel mit intrinsischer Motivation bezeichnet. Hier aber meldet jeder berechtigte Zweifel an, der die schulische Wirklichkeit kennt: Wann bitte kann es dem Lernenden bei einem vorgegebenen Schulstoff gelingen, etwas um der Sache willen zu bearbeiten? Wenn ein positives Verständnis von Motivation nur so gefasst werden kann, dann wäre dies ein wirklichkeitsfremdes Konzept für schulisches Lernen. Deshalb soll an dieser Stelle eine Differenzierung vorgestellt werden, die zeigt, dass es auch im Rahmen von extrinsischer Motivation möglich ist, etwas zu seiner eigenen Sache machen. Diese Differenzierung vor allem der Varianten von extrinsischer Motivation, geht zurück auf die oben schon genannten Psychologen Decy/Ryen (1985).

Zur Erinnerung die Definitionen dieser beiden Begriffe einschließlich der Differenzierung (hier nach Dresel/Lämmle, S. 83):

»Intrinsische Motivation kennzeichnet die Bereitschaft, eine Handlung auszuführen, weil sie für sich selbst befriedigend ist.«

»Extrinsische Motivation ist dadurch gekennzeichnet, dass der Wert nicht in der Handlung selbst liegt, sondern in deren Folgen besteht.«

Interessant ist nun die Differenzierung von extrinsischer Motivation in eine

  • »selbstbestimmt-extrinsische Motivation, bei der der Wert zwar außerhalb der Handlung, aber überwiegend innerhalb der handelnden Person liegt und in eine
  • fremdbestimmt-extrinsische Motivation, bei der sich der Wert aus der fremdgesteuerten Belohnungs- und Sanktionsstruktur ergibt.«

Die selbstbestimmt-extrinsische Motivation
Bekannt ist, dass intrinsische Motivation positive Wirkungen hinsichtlich der Selbstregulation des Lernens und der Qualität der Leistung hat. Weniger bekannt ist vermutlich, dass die selbstbestimmt-extrinsische Motivation ähnlich positive Effekte hat, wie Ryen/Deci (2000) in empirischen Studien nachweisen konnten.

Schulisches Lernen kann also auch dann erfolgreich und selbstbestimmt verlaufen, wenn nicht die Sache selbst bedeutsam ist, sondern die Folgen des selbstbestimmten Handelns eine persönliche Bedeutung bekommen, beispielsweise die Erreichung eines selbst gesetzten Ziels – verallgemeinert also die Erfahrung von Autonomie.

Das beschreibt beispielsweise Lena (12 Jahre), nachdem sie in einem Bilanz- und Zielgespräch mit dem Lehrer herausgearbeitet hat, warum sie in Englisch schlechter geworden ist, und nun weiß, was sie tun kann, um dies zu ändern. Es geht hier also nicht im engeren Sinne um das Erlernen der Sprache, sondern darum, ein selbstgesetztes Ziel zu erreichen, eine Lernschwierigkeit eigenständig zu überwinden. Lena sagt dazu sinngemäß: Ich habe meine persönlichen Ziele. Dafür suche ich mir einen neuen Lernpartner und lerne an festgelegten Tagen zu einer festgelegten und für mich günstigen Zeit Vokabeln, die meine Freundin in der Studienzeit abfragt. Ich habe meine Ziele immer vor Augen und das motiviert mich (vgl. Jenni Leonhard in diesem Heft). Das Beispiel zeigt, wie auch eine extrinsische Motivation, wenn sie in ein selbstbestimmtes Umfeld integriert ist, ein Ansporn sein kann, etwas zur eigenen Sache zu machen – es zeigt aber auch, was die Aufgaben des Lehrenden sind, wenn diese Gestaltung eines Motivationsprozesses gelingen soll.

Davon unberührt bleibt allerdings, dass eine ausschließlich fremdbestimmt-extrinsische Motivation lang­fristig negative Auswirkungen auf das Lernverhalten hat, weil hier nur auf eine Belohnungs- und Bestrafungsstruktur reagiert wird. Damit wird den Lernenden die Kontrolle über das eigene Tun entzogen, die Übernahme von Verantwortung erschwert und so die Entwicklung von Lernmotivation verhindert (vgl. Prenzel 1997).

Fazit: Bedeutsam für die Entwicklung von Motivation ist also der Grad der Selbstbestimmung und nicht so sehr die Frage, ob die Sache selbst oder die Folgen meines Handelns im Zentrum stehen, wenn sie als selbstbestimmt erfahren werden. Dies leitet direkt über zu den Grundannahmen der Theorie von Deci/Ryan.

Autonomieerfahrung, Kompetenzerfahrung, soziale Eingebundenheit
Eine wesentliche Grundlage der Motivationstheorie von Deci/Ryan ist die Annahme, dass Motivation sich dann entwickeln kann, wenn drei grundlegende Bedürfnisse erfüllt sind. Das Bedürfnis nach

  • Autonomieerfahrung, d. h. immer wieder selbst und freiwillig entscheiden zu können;
  • Kompetenzerfahrung, d. h. etwas erfolgreich bewältigen können;
  • sozialer Eingebundenheit, d. h. zu einer Gruppe zu gehören, die ähnliche Ziele und Interessen verfolgt (Ryan/Deci 2000, Lankes 2010).

Diese Annahmen sind inzwischen durch eine Reihe von Studien bestätigt worden (vgl. Dresel/Lämmle, S. 99 und dort den Verweis auf einen Überblick bei Krapp 2005).

Wir haben die Autorinnen und Autoren dieses Heftes deshalb gebeten, Erfahrungen mit Unterrichtsarrangements zu beschreiben, die diese Erfahrungen ermöglichen. Dabei sollten sie beobachten, wie die Lernenden die Möglichkeiten nutzen, sich selbst zum Lernen zu motivieren, und was sie als Lehrende dazu beitragen können, den Prozess der Motivationsentwicklung zu unterstützen.

In den folgenden Abschnitten soll zunächst kurz skizziert werden, was unter den genannten Bedürfnissen verstanden wird (vgl. Lankes 2010) und wie diese Bedürfnisse im Unterricht lebendig werden können (vgl. die Erfahrungsberichte dieses Heftes).

Autonomieerfahrung
Als autonom erfahren sich Schülerinnen und Schüler vor allem dann, wenn sie an entscheidenden Stellen selbst entscheiden können. Das wurde bereits an Hand des »Rubikon-Modells« bezüglich der Anfangsphasen von Lernprozessen ausgeführt. Wichtig ist – so haben wir gesehen – die Erfahrung, wählen zu können zwischen Inhalten und Aufgaben, entscheiden zu können über die Reihenfolge von Aufgaben und die Zeit, die ich darauf verwende, und mich dabei selbst fragen zu können, was ich derzeit gerne und erfolgversprechend bearbeiten möchte.

Jenni Leonhard, Lehrerin an einer Berliner Gemeinschaftsschule, stellt deshalb Erfahrungen in den Mittelpunkt, wie Schüler(innen) sich und andere durch Möglichkeiten der Partizipation motivieren – wie sie also im Unterricht selbst Inhalte auswählen, sich Ziele setzen und in Ziel- und Bilanzgesprächen reflektieren, sich gegenseitig Rückmeldungen geben und wie all dies methodisch solide eingeübt wird.

Sönke Zankel, Lehrer an einem Gymnasium, hat Schüler(innen) der 10. Klasse bei der Gründung und Realisierung einer Schülerfirma begleitet und sie anschließend nach ihren Erfahrungen befragt. Dabei konnten die Projektverantwortlichen sehr anschaulich berichten, wie sie die Übernahme von Verantwortung motiviert hat. Laura fasst beispielsweise den Unterschied zwischen »normalem« Unterricht und dem Projekt so zusammen: … in der Schülerfirma mussten wir uns erst einmal überlegen, welche Bereiche überhaupt bearbeitet werden müssen und dann uns selbst Aufgaben stellen.«

Kompetenzerfahrung
Als kompetent erfahren sich Schülerinnen und Schüler, wenn die Ziele erreichbar sind und der Lernfortschritt – nicht das Defizit – bewertet und rückgemeldet wird. Das Erleben der eigenen Kompetenz fördert die Entwicklung von Selbstvertrauen. Wir haben deshalb gefragt, mit welchen Arrangements im Regelunterricht Kompetenzerfahrungen gemacht werden können – also die Erfahrung: ich kann etwas – und wie die Schüler(innen) so lernen, sich selbst zu motivieren.

Monika Wilkening, Lehrerin an einem Gymnasium, hat ihre Erfahrungen mit Selbst- und Partnerevaluation in der Sekundarstufe I ausgewertet, beschreibt die Instrumente und die Mitwirkung der Schüler an deren Entwicklung und zeigt, wie sich diese Arbeit auf die Kompetenzerfahrung und damit auf die Fähigkeit der Lernenden auswirkt, sich selbst und gegenseitig zu motivieren.

Soziale Eingebundenheit
Nach Lankes ist für das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit sowohl der Aufbau einer handlungsfähigen Lerngemeinschaft von Bedeutung als auch eine Lehrkraft, die diesen Prozess durch eine langfristige Planung sowie durch ihre eigene Haltung unterstützt.

Wie dieses Bedürfnis der Lernenden in die Praxis umgesetzt werden kann, berichtet Marie-Joan Föh, Lehrerin an einer Gesamtschule. Dabei hat sie die Erfahrung gemacht, dass viele Kinder keine Antwort auf die Frage wissen: Was kannst Du richtig gut? Sie plant deshalb langfristig, den Aufbau einer guten Lerngemeinschaft, in der die Lernenden ihre Leistungen anerkennen und sich gegenseitig motivieren. Das erreicht sie beispielsweise durch eine Willkommenswoche, Tischgruppen, Partner-Feedback, kooperatives Lernen und dadurch, dass sie immer wieder versucht, selbst eine wertschätzende Haltung vorzuleben.

Ein anderes Beispiel für die Entwicklung sozialer Eingebundenheit beschreiben Maria Lames und Martin Schilk, Lehrerin und Lehrer an einer Haupt- und Realschule. Sie wollen, dass die Lernenden ihre Klasse als Lerngemeinschaft zur eigenen Sache machen. Deshalb haben sie an ihrer Schule regelhaft einen Klassenrat eingeführt. Hier übernehmen die Schüler Verantwortung, gewinnen Einfluss auf die Gestaltung des Unterrichts, lernen begründet zu entscheiden und mit den Konsequenzen der Entscheidungen umzugehen. Damit erreichen die Lernenden eine Basis für die Arbeit in einer Lerngruppe und einer Schule, die immer mehr zur eigenen Sache wird.

Alle Beiträge dieses Heftes zeigen sehr genau, wie solche Lernarrangements gestaltet werden können. Die Erfahrungen lassen darüber hinaus erkennen, wie man Schülerinnen und Schülern im Rahmen solcher Arrangements unterstützen kann, ihre eigene Motivation zu entwickeln. Gleichzeitig entlasten diese Arrangements die Lehrenden von der Vorstellung, Motivation herstellen zu müssen, nicht aber von der Verantwortung für die Gestaltung solcher oder ähnlicher Lernarrangements.

Literatur

  • Dresel, M./Lämmle L. (2011): Motivation. In: Th. Götz (Hg.): Emotion, Motivation und selbstreguliertes Lernen. Paderborn, S. 80 – 143
  • Decy, E.-L./Ryan, R. M. (1985): Intrinsic motivation and self-determination in human behavior. New York
  • Heckhausen, J./Heckhausen, H. (2010): Motivation und Handeln. Berlin, 4. Aufl.
  • Krapp, A. (2005): Psychologische Bedürfnisse und Interesse. In: R. Voll­ meyer/J. C. Brunnstein (Hg.): Motivationspsychologie und ihre Anwendung. Stuttgart, S. 23 – 38
  • Rheinberg, F. (2002): Motivationsförderung im Unterrichtsalltag. In: PÄDAGOGIK H. 9/2002, S. 9
  • Lankes, E.-M. (2010): Interesse wecken. Was wissen wir über die Motivierung von Schülern? In: G. Eikenbusch/H. W. Heymann (Hg.): Was wissen wir über guten Unterricht? Hamburg, S. 23 – 31
  • Prenzel, M. (1997): Sechs Möglichkeiten, Lernende zu demotivieren. In: H. Gruber/A. Renkl (Hg.): Wege zum Können. Bern, S. 32 – 44
  • Ryan, R. M./Deci, E.-L. (2000): Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, an well beeing. In: American Psychologist 55/2000, S. 68 – 78


PÄDAGOGIK-Hefte, in denen Arrangements zur Autonomie- und Kompetenzerfahrung sowie zur sozialen Eingebundenheit konkretisiert werden:

  • Selbstregulation lernen. PÄDAGOGIK H. 7 – 8/2007
  • Arbeitsdisziplin. PÄDAGOGIK H. 1/2012
  • Teamarbeit und Unterrichtsentwicklung. PÄDAGOGIK H. 1/2010

Dr. Johannes Bastian ist Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Schulpädagogik an der Universltät Hamburg – seit 2011 im Ruhestand – und Mitglied der Redaktion von PÄDAGOGIK.
Adresse: Rothenbaumchaussee 11, 20148 Hamburg
E-Mail: bastian(at)uni-hamburg.de


Aus: Pädagogik 2/14