In diesem Beitrag werden Zusammenhänge zwischen Gesellschaftsstruktur und Strafjustizsystem aufgezeigt, wobei sich das Augenmerk speziell auf die Entwicklung in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts richtet. Es wird dargelegt, welche gesellschaftlichen Leitbilder die Strafrechtsmodelle der Moderne und Spätmoderne bestimmen, welche Ziele des Strafens verfolgt werden und welche Wirkungen realistischerweise erwartet werden können. Dabei orientiere ich mich an der traditionellen Unterscheidung des deutschen Strafrechts zwischen Tatstrafrecht und Täterstrafrecht sowie den moderneren Strafrechtsmodellen des Resozialisierungsstrafrechts und des kontrollierenden Präventions- oder Risikostrafrechts. Eine kurze Analyse der Strafrechtssysteme des Dritten Reichs und der Nachkriegszeit zeigt, dass das Täterstrafrecht in ganz unterschiedlicher Ausformung das Strafsystem bestimmen kann. Eine Auseinandersetzung mit aktuellen Tendenzen in Gesetzgebung und Sanktionspraxis führt vor Augen, dass das Risikostrafrecht mit seiner gesellschaftsschützenden Funktion das Sanktionensystem (Maßregeln, insbesondere Verwahrung) und die Strafgesetzgebung ("symbolisches Strafrecht") durchdringt. Das Strafrechtsmodell der Zukunft wird sich weg von einer konzisen, zweckorientierten Strafrechtstheorie verstärkt an einem eher vagen Strafkonzept orientieren, bei dem der Gedanke der Prävention durch Kontrolle und das pragmatische Krisenmanagement im Zentrum stehen.
Beitrag
Strafrechtsmodelle und Gesellschaftsstruktur
Kriminologisches Journal (ISSN 0341-1966), Ausgabe 1, Jahr 2010, Seite 9 - 22
Strafrechtsmodelle und Gesellschaftsstruktur
Kriminologisches Journal (ISSN 0341-1966), Ausgabe 1, Jahr 2010, Seite 9 - 22
Karl-Ludwig Kunz, Strafrechtsmodelle und Gesellschaftsstruktur (2025), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0341-1966, 2010 #1, S.9
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