Die für moderne Gesellschaften charakteristische, gleichzeitige Aufwertung und Marginalisierung der Individualität und der Subjektivität erfährt in jüngster Zeit eine Transformation durch eine "Politik des Selbst." Aus je-weils unterschiedlichen Perspektiven wurde sie von Giddens, Bol-tanski/Chiapello sowie von Foucault und an ihn anschließenden Autoren unter dem Titel der "Gouvernementalität" untersucht. Kennzeichnend für die Politik des Selbst ist die Ausbeutung der ethischen Identität der Indivi-duen für politische Macht und ökonomische Effizienz. In Folge davon wer-den gesellschaftliche Verteilungskonflikte subjektiviert, der kriminalpoliti-sche Diskurs wird ethisiert. Der sozialpolitischen "Eigenverantwortung" korrespondiert kriminalpolitisch die individualisierende Zuschreibung von Kriminalität bei gleichzeitiger Empathie für das Opfer. In der Bevölkerung scheint sich jedoch eine gewisse Resistenz gegenüber diesem Diskurs zu zeigen, ein hohes Maß an Eigenverantwortung kann durchaus mit Sensibili-tät und Empathie auch für den Delinquenten einhergehen, zumindest im Be-reich leichter und mittlerer Kriminalität.
Beitrag
Die Unordnung der Verantwortlichkeit. Kriminalpolitik im Zeichen einer Politik des Selbst
Kriminologisches Journal (ISSN 0341-1966), Ausgabe 2, Jahr 2010, Seite 90 - 100
Die Unordnung der Verantwortlichkeit. Kriminalpolitik im Zeichen einer Politik des Selbst
Kriminologisches Journal (ISSN 0341-1966), Ausgabe 2, Jahr 2010, Seite 90 - 100
Klaus Günther, Die Unordnung der Verantwortlichkeit. Kriminalpolitik im Zeichen einer Politik des Selbst (2024), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISSN: 0341-1966, 2010 #2, S.90
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