MigrantInnen aus der früheren Sowjetunion (FSU) mit Alkohol- oder Drogenproblemen gel-ten als Zielgruppe, die trotz hohen Bedarfs nur schwer vom Versorgungssystem erreicht wird. Aus welchen Gründen scheuen die Betroffenen davor zurück, suchtspezifische Hilfen lang-fristig anzunehmen? Welche Erfahrungen machen sie, wenn sie sich an das Hilfesystem wen-den? Solchen Fragen wird hier auf der Basis einer laufenden, vom BMBF geförderten qualita-tiven Studie nachgegangen. In deren Rahmen wurden N=46 FSU-MigrantInnen mit intensi-vem Substanzgebrauch u. a. zu ihrem Inanspruchnahmeverhalten interviewt. Barrieren, die die Betroffenen an der Annahme von suchtbezogenen Hilfen hindern, sind zum einen sozio-ökonomisch oder institutionell bedingt. Zum anderen liegen sie in sozialisationsspezifischen Behandlungserwartungen: Viele Befragte hegen starke Vorbehalte gegen hierzulande übliche gesprächsintensive Therapien, die für sie im Gegensatz zum therapeutischen Vorgehen in den Herkunftsländern stehen. Unsere Studienergebnisse belegen die Notwendigkeit einer ziel-gruppengerechteren Aufbereitung von Informationen über suchtspezifische Hilfen. Zudem sollten MitarbeiterInnen des Hilfesystems sensibilisiert werden, suchtspezifische Hilfen stärker in die Lebenswelt der MigrantInnen zu integrieren.
Schlüsselwörter: Alkohol- und Drogenkonsum, FSU-MigrantInnen, Inanspruchnahmeverhalten, Zugangsbarrieren, qualitative Studie.
Migrants from former Soviet Union countries (FSU) with alcohol and drug problems are a target group that, despite strong needs, is "hard to reach" for the health care system. Why do migrants refrain from accepting long-term addiction-specific help? Which are their experiences, when they turn to the help system? In an ongoing study funded by the German Ministry of Research and Education, N=46 FSU migrants with intensive substance use have been inter-viewed about their utilization behavior. Results show that the barriers preventing them from seeking addiction related help are located on socio-economic and institutional levels on the one hand. On the other hand, they result from socialization specific expectations concerning treatments: Our interviewees express strong objections against talk-intensive therapy methods that are common in Germany, which they see in contradiction to therapy practices in their countries of origin. Our results show that it is necessary to elaborate information about addiction specific services in a way that is more adequate to this specific target group. Professionals in the care system should be sensitized for how to integrate treatments in migrants´ life worlds.
Keywords: Alcohol and drug consumption, FSU-migrants, Utilization behavior, Barriers of access, Qualitative study
Beitrag
Barrieren der Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfen aus Sicht von MigrantInnen aus der früheren Sowjetunion. Heterogene Sozialisationshintergründe in derSuchttherapie
ZSE Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation (ISSN 1436-1957), Ausgabe 01, Jahr 2015, Seite 69 - 85
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