Seit beinahe 10 Jahren führt die Kölner Schriftstellerin "Mirijam Günter sog. Litera-turwerkstätten mit Jugendlichen durch. "Dabei legt sie ihren Schwerpunkt nicht auf zahlungsbereite Kultureinrichtungen und/oder Gymnasien, sondern hauptsächlich auf Orte, wo benachteiligte, nicht oder kaum geförderte Jugendliche ihr von der Bevöl-kerung abgelehntes Dasein fristen." Daher sind vor allem Haupt- und Förderschulen sowie Jugendarrestanstalten ihre bevorzugten Arbeitsfelder. Neuerdings gehören auch verstärkt junge Flüchtlinge zu den Adressaten ihrer Literaturwerkstätten. Die folgen-den Schilderungen und Reflexionen ihrer dabei gewonnenen Erfahrungen sind keine wissenschaftliche Grundlegung zur sprachlich-literarischen Bildung in inklusiven Kontexten. Und doch können sie auf ihre Art eindrucksvoll und grundlegend verdeut-lichen, worum es in einem Deutschunterricht für und mit Schülerinnen und Schülern aus ganz unterschiedlichen wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ethnischen Le-benswelten, mit unterschiedlichen Begabungen und möglichen Handicaps in erster Linie gehen sollte: Kinder und Jugendliche - und besonders auch jene, die sich oft schon in jungen Jahren abgehängt und nutzlos fühlen, die Zutrauen in sich und ihre Potenziale verloren haben - zu ermutigen und anzuregen, sich sprachlich, auch schriftsprachlich, zu äußern, Sprache als zentrales indiviuell-menschliches Ausdrucks-, Gestaltungs- und Verständigungsmittel zu erleben und auszuprobieren, über Litera-tur im weitesten Sinne Anteil an der je unterschiedlich geprägten Kulturgemeinschaft zu haben sowie Sprache als selbst- und weltdeutendes Medium zu erfahren.
Gerade der Anspruch von Mirijam Günter, Kinder und Jugendliche z. B. aus Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen mit anspruchsvoller Literatur (etwa Gedichten von Heinrich Heine) bekannt zu machen, stößt, zumindest zunächst, zum Teil nicht nur bei Erwachsenen, etwa Lehrerinnen und Lehrern oder Schulleitern, auf Skepsis, sondern auch bei den Schülerinnen und Schülern selbst, wie die Schriftstellerin zum Ausdruck bringt: "Ich treffe auf Jugendliche, die sich für zu dumm halten, Literatur zu verstehen, Schüler, die mir anfangs sagen, dass dies bei ihnen zwecklos sei, weil sie bestimmt die Schlimmsten von allen seien, und die mir nachher schreiben, wie toll sie es fanden" (Günter 2010, 15).
Beitrag
Der Fall nach oben... Eine Annäherung an den Themenschwerpunkt der etwas anderen Art
Sonderpädagogische Förderung heute (ISSN 1866-9344), Ausgabe 04, Jahr 2015, Seite 345 - 355
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Sonderpädagogische Förderung heute (ISSN 1866-9344), Ausgabe 04, Jahr 2015, Seite 345 - 355
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