Unser Strafrecht ist am Schuldvorwurf orientiert, der dem Täter zu machen ist. Die Anordnung einer Maßregel richtet sich jedoch nach der in der Tat zu Tage getretenen Gefährlichkeit des Täters, den möglicherweise kein Schuldvorwurf im strafrechtlichen Sinne trifft. Es geht in diesen Bestimmungen ganz entscheidend um die Sicherung der Allgemeinheit vor einem Täter, der als gefährlich klassifiziert wurde. -- Entsprechende Bestimmungen wurden erstmals im November 1933 in das Deutsche Strafgesetzbuch eingefügt, also noch im ersten Jahr des NS-Regimes. Die Entwicklung dieser Bestimmungen hat jedoch eine sehr lange Vorgeschichte. Bis zum Erlass dieser Bestimmung erfolgte die Sicherung einer solchen Person, wenn sich ihre Gefährlichkeit durch eine Straftat erwiesen hatte, sie jedoch wegen Schuldunfähigkeit nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden konnte, aufgrund polizeirechtlicher Vorschriften, die den heutigen Unterbringungs- bzw. Psychisch-Krankengesetzen entsprechen. -- In der Bundesrepublik Deutschland hat man sich in den Reformberatungen nach dem 2. Weltkrieg für die Beibehaltung der Maßregeln entschieden. Dem therapeutischen Gedanken entsprechend, von dem die Reformgesetzgebung bestimmt war, wurde die bis dahin geltende Überschrift des Abschnittes umgekehrt, sie heißt jetzt "Maßregel der Besserung und Sicherung". Maßregeln der Besserung und Sicherung nach § 61 StGB (Strafgesetzbuch) sind die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB), die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) und die Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB). Maßregeln, die die Freiheit nicht einschränken, sind die Führungsaufsicht, die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Berufsverbot. -- Einrichtungen des Maßregelvollzuges sind Fachkliniken mit hohen Sicherheitsvorkehrungen, in denen psychisch kranke und gestörte sowie suchtmittelabhängige Menschen behandelt werden. Damit jemand im Maßregelvollzug untergebracht werden kann, müssen 3 Voraussetzungen erfüllt sein: -- 1. Der Mensch muss eine Straftat begangen haben. -- 2. Für diese Straftat kann er wegen einer psychischen Krankheit oder Suchtkrankheit nicht oder nicht voll verantwortlich gemacht werden. -- 3. Es muss zudem zu erwarten sein, dass er in Folge dieser Krankheit weitere erhebliche Straftaten begehen wird. -- Wenn ein Straftäter nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug erneut ein Sexual- oder Gewaltverbrechen begeht, gerät auch diese Sonderform des Strafvollzugs in die Schlagzeilen. Zu Unrecht: Die Rückfallraten sind sehr gering. So beträgt die Rückfallquote in Gebieten mit guter ambulanter Betreuung lt. Nedopil (2009) lediglich 6%. Dagegen werden etwa 45% aller Straftäter aus dem normalen Strafvollzug innerhalb von 5 Jahren erneut verurteilt. Der Maßregelvollzug ist auch ein "Erfolg", was die Zahl der Patienten angeht: Innerhalb von 10 Jahren hat sie sich auf derzeit 9500 in Deutschland verdoppelt. Zum Vergleich: lt. Bundesministerium der Justiz (Stand 31.03.2008) beträgt die Zahl der Strafgefangenen in der Bundesrepublik Deutschland 62.348. Davon 5% weiblich. Und die Patienten bleiben heute wesentlich länger als noch vor einem Jahrzehnt: nämlich im Durchschnitt knapp 7 Jahre statt wie früher knapp 4 Jahre. -- --
Beitrag
Forensische Nachsorge im Maßregelvollzug
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 2, Jahr 2010, Seite 101 - 107
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Forensische Nachsorge im Maßregelvollzug
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 2, Jahr 2010, Seite 101 - 107
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