In der TuP-Ausgabe August/September 2009(Heft 4) dieser Zeitschrift hat sich Michael Weber in einem Beitrag mit dem Titel "Negativwachstum" der Werkstätten für Behinderte -Ein politischer Paradigmenwechsel? (Weber2009) kritisch mit einer Studie der ISB über die Entwicklung der Zugangszahlen zu Werkstätten für behinderte Menschen auseinandergesetzt (ISB 2008). Nach seiner Darstellung fordert die ISB in den aus ihren empirischen Analysen abgeleiteten Handlungsempfehlungen (2008, Berichtsteil D) einen "politischen Paradigmenwechsel" in dem Sinne, dass die nicht behinderten Werkstattbeschäftigten einsozialpolitisches Engagement für die Integration ihrer Klientel in den allgemeinen Arbeitsmarkt über alle anderen Belange stellen sollen (Weber 2009, S. 396). Dabei bezieht er sich auf die übergeordnete Handlungsempfehlung: "Betriebliche Integration von auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt besonders benachteiligten Menschen bei den beteiligten Akteuren als Leitbild verankern." (ISB 2008, S. 389)Hintergrund dieser Empfehlung ist der in den bundesweit geführten Interviews mit Akteuren in Sonder bzw. Förderschulen, WfbM und Arbeitsagenturen entstandene Eindruck, dass ein solches Leitbild keineswegs von allen sozialpolitischen Akteuren geteilt wird (ISB 2008, Berichtsteil B: Standortanalysen). Anhaltspunkte dafür ergab auch die schriftliche Befragung der Werkstätten (Berichtsteil A: Bestandserhebung). In einem über Jahrzehnte hinweg zwischen den genannten Institutionen etablierten Netzwerk ist eine "Einbahnstraße in die Werkstatt" organisiert worden. Das ist spätestens seit den frühen 1990er Jahren bekannt (vgl. z.B. Trost & Schüller 1992, S. 44). In zwei idealtypisch zugespitzten Szenarien haben wir dem ein "Netzwerk für betriebliche Integration" gegenübergestellt, das zwar an einzelnen Orten in Ansätzen existiert, aber insgesamt eher "Zukunftsmusik" ist (ISB 2008, S. 316323). Mit der Befolgung unserer Handlungsempfehlungen würden laut Weber die nicht behinderten Werkstattmitarbeiter "in ihrer professionellen Rolle überfordert" (2009, S. 294).Außerdem werde "die Bedeutung eines institutionellen Eigeninteresses für die Implementation politischer Programme systematisch unterschätzt" (ebd.). Im folgenden stelle ich zunächst den Hintergrund der ISB-Studie dar und greife dann einige im Hinblick auf die von Weber geübte Kritik einschlägige Ergebnisse heraus. Dem von ihm in den Vordergrund gestellten "Dilemma der Fachkräfte" stelle ich das"Dilemma der Leistungsträger", der relativ leistungsstarken behinderten Werksattbeschäftigten, als sozialpolitisch weitaus bedeutsamer gegenüber. Letztere sitzen sozusagen in der Falle, denn zum einen werden sie von den Werkstätten gerne aufgenommen, und zum anderen haben sie nur geringe Chancen, wieder herauszukommen, wenn sie erst einmal drin sind.
Beitrag
"Das Dilemma der Leistungsträger"
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 3, Jahr 2010, Seite 211 - 217
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"Das Dilemma der Leistungsträger"
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 3, Jahr 2010, Seite 211 - 217
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