Wir stellen unseren Betrachtungen die grundlegende Aussage einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes voran (NJW 1967, 1765): "Der Staat hat nicht die Aufgabe, seine (erwachsenen) Bürger zu bessern." -- Das Zweite Buch des Sozialgesetzbuches, die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) benennt "Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende" in § 1, die dort ihrerseits unter der Vorfestlegung des gesamten ersten Kapitels, nämlich des Forderns und Förderns, stehen. Um Licht für die Beantwortung unserer Fragestellung zu finden, brechen wir sie durch das Prisma des Gesetzeszieles. Anschließend gehen wir der Frage nach, ob und in welchem Umfang das Ziel erreicht oder verfehlt wird. Dem schließen wir Erwägungen über Lösungen an. -- Wir folgen der nachstehend aufgeführten Argumentationslinie: -- 1. Es gibt eine Gruppe von erwerbsfähigen Menschen, die auch längerfristig nicht in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren sind. Das wird jetzt auch in den politischen Diskussionen aufgegriffen. Hannelore Kraft, stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, geht von "rund 1,2 Mio. Langzeitarbeitslosen" aus, sieht eine Lösung in freiwilliger gemeinnütziger Tätigkeit, auch durch "Straßen säubern, Bücher vorlesen". Sie greift mit ihrem Anliegen einen seit vielen Jahren vorliegenden Vorschlag der Verbände der freien Wohlfahrtspflege auf (z.B. Diakonisches Werk 2006). -- 2. Die Instrumente des SGB II reichen zu deren Integration in den 1. Arbeitsmarkt nicht aus, teilweise verstärken sie eher die Vermittlungshemmnisse. Dazu wird in dem Sanktionsmoratorium die Frage gestellt: "Zielgenaue Disziplinierung oder allgemeine Drohkulisse?" Kumpmann hält ein Plädoyer für einen Verzicht auf Sanktionen und für andere Formen der Arbeitsanreize, da er diese für schädlich hält. -- 3. Aus sozialethischer, fachlicher und juristischer Sicht ist es angezeigt, für diese Personen nach angemesseneren Lösungen zu suchen. Hier werden 2 Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt: -- - Herauslösung dieser Personen aus der Zuständigkeit des SGB II -- - Übernahme von Leistungen aus dem SGB XII in das Instrumentarium des SGB II -- 4. Die Folge davon wäre die dauerhafte Etablierung eines 3. Arbeitsmarkes -- Für Personen, die langfristig (perspektivisch: ab 2 Jahre Dauer) Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen benötigen, ist die Schaffung eines gesellschaftlich gewollten 3. Arbeitsmarktes erforderlich. Ziel ist die Aufnahme in den 2. Arbeitsmarkt (perspektivisch: längstens zwei Jahre) mit den dort angesiedelten Qualifizierungsmaßnahmen, wenn die direkte Integration in den 1. Arbeitsmarkt nicht möglich ist, um dauerhaft in diesem etabliert zu werden. Auch auf dem 2. und 3. Arbeitsmarkt ist zur Sicherung einer angemessenen Altersversorgung eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung anzustreben. -- --
Beitrag
Der erste Arbeitsmarkt als Ziel der Grundsicherung für Arbeitssuchende des SGB II stößt an seine Grenzen - Plädoyer für einen dritten Arbeitsmarkt
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 4, Jahr 2010, Seite 244 - 251
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Der erste Arbeitsmarkt als Ziel der Grundsicherung für Arbeitssuchende des SGB II stößt an seine Grenzen - Plädoyer für einen dritten Arbeitsmarkt
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 4, Jahr 2010, Seite 244 - 251
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0342-2275
Beltz Juventa
Holger Hoffmann / Dietrich Schoch