Lebensmitteltafeln (kurz: Tafeln) bilden einen gesellschaftlichen Zustand ab, der zwar von niemandem gewollt, dennoch aber von vielen erwünscht ist. Die Tafelbewegung wird von einer grundlegenden Paradoxie begleitet: Einerseits wird immer wieder der Wunsch nach der eigenen Überflüssigkeit betont, andererseits werden bestehende Prozesse und Strukturen verstetigt. Tafeln verbreiteten sich hierzulande rasch. Besonders signifikant ist der Anstieg der Neugründungen seit Einführung des ALG II ("Hartz IV") im Jahr 2005. Diesem Tafel-Boom (Selke 2009c) - der sich auch in der inhaltlich-programmatischen Ausdifferenzierung der Tafelidee in immer mehr Teil- und Sonderangebote darstellt - steht mittlerweile ein Boom der Tafel-Deutungen (Lorenz 2009) gegenüber. Die Tafelbewegung ist ein Beispiel für den Erfolg einer Idee, die sich als Rationalitätsmythos verstetigte. Dieser Rationalitätsmythos hat sich sowohl in das individuelle Fühlen, Denken und Handeln der "Tafelmenschen", in die Leitbilder der Tafellobby,als auch in die medial distribuierten Bilder eingeschrieben. Er ermöglicht diskursive Anschlussfähigkeit für die Mitarbeiter, Öffentlichkeit und Politik. Im Fall der Tafeln besteht der Rationalitätsmythos im Postulat der Verbindung einer ökologischen und einer sozialen Idee, d.h. der Umverteilung überflüssiger Lebensmittel an Bedürftige. Dazu hat sich das auf ehrenamtliches Engagement basierende System der Tafeln etabliert, das seine Legitimität primär aus dem Wegwerftabu für Lebensmittel und der zeitgeistkonformen Idee privat organisierter Wohlfahrt bezieht. Durch den dauerhaften Bezug auf dieses weithin akzeptierte Normensystem können die Tafeln sowohl den notwendigen Spendenfluss aufrechterhalten, als auch die Einlösung einer moralischen Verpflichtung für sich reklamieren. Trotz der Omnipräsenz dieses Normensystems sowie zahlreicher Versuche, die Komplexität des Themas durch Information Branding zu reduzieren, gibt es im Diskurs zu Tafeln unterschiedliche Einschätzungen. Die Meinungsvielfalt reicht von der sozialromantischen Verklärung des zivilgesellschaftlichen Engagements bis hin zu Warnungen vor einer Mithaftung der Tafeln am neoliberalen Abbau des Sozialstaates bei der einklagbare Bürgerrechte durch Almosen ersetzt würden. Dabei widersprechen sich nicht nur die (wissenschaftlichen) Beobachter in ihrer Einschätzung der Tafeln, sondern auch die NutzerInnen und die HelferInnen der Tafeln selbst. Es gibt also nicht nur externe Kritiker der Tafeln, sondern auch interne Kritik aus den Reihen der Tafelbewegung selbst (z.B. Wimmer 2010) sowie aus der Perspektive der Kunden. Dissonanzen treten vor allem bei der Beurteilung desindividuellen Gebrauchswertes sowie den zu erwartenden gesellschaftlichen "Folgekosten" der Tafeln auf. Fasst man alle zwischenzeitlich vorliegenden Befunde zusammen, ergibt sich daraus ein Spektrum, das von positiven Selbstwirksamkeitswartungen bis hin zur Befürchtung verschiedener Korrumpierungseffekte reicht. Tafeln können als Platzhalter für gesellschaftliche Debatten verstanden werden. Es liegt nahe, Tafeln als "Phänotyp" einzuordnen, der den "Genotyp" aller zeitgenössischen, existenzunterstützenden Angebote repräsentiert. In dieser Perspektive sind Tafeln ein "Seismograph für das Soziale". Sie haben und "beanspruchen inzwischen einen festen Platz im Orchester sozialstaatlicher Sicherung und zivilgesellschaftlicher Initiativen". Als Chiffre kennzeichnen sie Aspekte sozialen Wandels in einer Gesellschaft, die zunehmend durch Entgrenzungserscheinungen sozialer Risiken gekennzeichnet ist und in der die "Privatisierung des Armutsrisikos (...) Fortschritte (macht)". Sie sind Indikatoren sowohl für die Privatisierung und Ökonomisierung des Sozialen sowie die Herausbildung einer Hilfsindustrie und Almosenökonomie. Gleichzeitig zeigen sie neue Schwellenwerte bei der Neudefinition von Sozialstandards und Gerechtigkeitsvorstellungen (Bedürftigkeitsprüfung, Auskömmlichkeit, Bedarfs- und Regelsätze) auf. In der Summe erscheint es daher gerechtfertigt, im System der Tafeln (nicht in einer lokalen Tafel) eine Signatur der Gegenwartsgesellschaft zu erblicken.
Beitrag
Tafeln als Spiegel der Gesellschaft - Freiwilligentätigkeit zwischen Euphorie und Paradoxie
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 4, Jahr 2011, Seite 250 - 257
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Tafeln als Spiegel der Gesellschaft - Freiwilligentätigkeit zwischen Euphorie und Paradoxie
TUP - Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit (ISSN 0342-2275), Ausgabe 4, Jahr 2011, Seite 250 - 257
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