Zeitschrift für Sozialpädagogik

Nietzsche & Co. vs. Nussbaum & Co. Oder:Warum die Rede vom "guten" Leben nicht ausreicht und kritische Sozialpädagogik sich besser als Wissenschaft vom "richtigen" (Adorno) resp. "besseren" (Bloch) Leben neu aufstellte

Zusammenfassung

Martha C. Nussbaums Lehre vom ‚guten Leben´ und deren Erfolg auch und gerade in Kreisen kritischer Fachvertreter der Sozialpädagogik und Sozialen Arbeit im deutschen Sprachraum steht im Begriff, Nietzsches durch Jürgen Habermas gegen Theodor W. Adorno vorangetriebene Eskamotierung als kritischen Theoretiker zu vollenden. Im Interesse der Spezies und ihres Überlebens in einer - erst noch zu schaffenden - säkularen Weltordnung, einer von Nietzsche skizzierten ‚Ordnung der Dinge´ ohne Gott scheint demgegenüber eine Revitalisierung dieser sowie der kritischen Theorie Adornos und auch jener des hier als Nietzscheaner gelesenen marxistischen Philosophen Ernst Bloch geboten. Am Ende dessen könnte vielleicht die Einsicht stehen, dass ein ‚gutes Leben´ mit nach wie vor ihr Unwesen treibenden, über sich nicht aufgeklärte, noch von Ressentiments getragenen "letzten Menschen" (Zarathustra) noch nicht als ‚richtiges´ (Adorno) oder ‚besseres´ (Bloch) Leben gelten kann und am uns Sozialpädagogen in besonderer Weise auferlegten Ziel, einer ‚Erziehung nach Auschwitz´ (Adorno) theoretisch wie praktisch zuzuarbeiten, nichts vorbeiführt, dies zumal nicht vor dem Hintergrund der neueren Auswüchse eines islamisch unterlegten Fanatismus, der zunehmend als Mörder-Orden in Erscheinung tritt.





Martha C. Nussbaum´s theory of the ´good life´ and its success among critical thinkers in social pedagogy and social work in Germany appears to be the latest step in the demolishment of Nietzsche as a critical theoretician initially undertaken by Jürgen Habermas contra Theodor W. Adorno. In the interest of the species and its survival in a - yet to be established - secular world order, in an ´order of things´ without God such as Nietzsche envisioned, what is needed is a revitalisation of Nietzsche as well as of Adorno´s Critical Theory and also that of the Marxist philosopher (read here as a Nietzschean) Ernst Bloch. Ultimately we might then arrive at the insight that a ´good life´ in the sense of the ´right life´ (Adorno) or a ´better life´ (Bloch) is not possible without the special mission of social pedagogy, namely in theory and practice to dispel ignorance and prejudice and promote enlightenment and tolerance in the spirit of ´education after Auschwitz´ (Adorno), all the more urgently in a world in which religious fanaticism increasingly is taking the form of plain murder.