Ziel dieses Beitrags ist es, eine kontingenzreflexive Perspektive auf die gängige Annahme eines objektiven Zusammenhangs zwischen Erziehung, Bildung und Heimunterbringungen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zu entwerfen. Für eine solche Perspektive ist es gewinnbringend, sich in epistemologischer Hinsicht bewusst diesseits der Begrifflichkeiten "Erziehung" und "Bildung" zu positionieren, um einen Beobachtungsstandpunkt zu skizzieren, von dem aus sich ergründen lässt, welche im engeren Sinne (sozial)pädagogischen Zusammenhänge sich im Kontext von Heimunterbringungen für Kinder und Jugendliche erkennen lassen. Dafür greift der vorliegende Beitrag auf Grundüberlegungen eines sozialtheoretischen Analyseprogramms zurück, welches in den letzten Jahren von Andreas Reckwitz als Heuristik einer kulturwissenschaftlichen Analyse zur relationalen De- und Rekonstruktion sog. Praktiken-/Diskurs-/Subjektivierungs-/Artefakt-Komplexe entwickelt wurde. Für den vorliegenden Beitrag werde ich ein besonderes Augenmerk auf Praktiken-Diskurs-Relationen richten. Die Einnahme einer solchen Fremdbeobachtungsperspektive ermöglicht es zunächst, einige systematische Aussagen zu den Besonderheiten einer im bundesdeutschen Kontext relativ machtvollen Diskurs-Formation "Heimerziehung" zu treffen, um nachfolgend erste Schritte in Richtung einer empirischen Annäherung an die mit dieser Diskursformation einhergehende Institutionalisierung einer Idee von "Bildung durch Heimerziehung" nachzuvollziehen und auf ihre epistemischen Eigenheiten hin zu beleuchten, welche sich gerade im Bereich ihrer Relationen zu Praktiken im Heim veranschaulichen lassen.
Schlüsselwörter: Heimerziehung, Neue Kultursoziologie, Diskurse, Praktiken, Epistemologie
The aim of this paper is to reflect on the usual (German) assumption that there is an actual objective relation between pedagogy, education and residential care homes for children and adolescents. For this perspective it is necessary to epistemologically avoid the terms "pedagogy" and "education", as this supports a distinct analysis of (social) pedacogical matters in the context of residential care for children and youth. To analyze these matters, the paper builds its argument on some basic thoughts of a social theory approach that has lately been developed by Andreas Reckwitz in the field of cultural studies and focuses on the deconstruction and reconstruction of so-called complexes of practices/discourses/subjectifications/artefacts. Drawing from this approach, this paper will concentrate on practice/discourse-relations. The take this perspective allows firstly to establish some systematic observation on the special characteristics of a relatively powerful discourse of "educational residential care" in Germany. Secondly it will take a first step towards an empirical investigation of discourse formations that go along with institutionalizations of "education through residential care." The latter institutionalizations will be investigated in terms of their epistemic idiosyncrasies, which can be illustrated particularly where they relate to practices in residential care homes.
Keywords: Residential Care, Cultural Studies, Discourses, Practices, Epistemology
Beitrag
Diesseits des sozialpädagogischen Blicks
Zeitschrift für Sozialpädagogik ZfSp (ISSN 1610-2339), Ausgabe 04, Jahr 2017, Seite 375 - 395
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Diesseits des sozialpädagogischen Blicks
Zeitschrift für Sozialpädagogik ZfSp (ISSN 1610-2339), Ausgabe 04, Jahr 2017, Seite 375 - 395
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