Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Debatte um "mehr Männer", die im Kontext frühkindlicher Pädagogik als Lern- und Sozialisationsfeld ihren Ursprung findet und sich von dort auf unterschiedliche Handlungsfelder der Sozialen Arbeit ausgeweitet hat, kann das Wiederaufleben einer Debatte beobachtet werden, bei der die Frage nach dem Zusammenhang von biologischem Geschlecht und Gender sowie die Frage nach dem Zusammenhang von Geschlecht und Professionalität neu aufgerollt wird. Trotz einer regen Zunahme an fachlichen Diskussionsbeiträgen aus unterschiedlichen Richtungen kann diese Entwicklung, die nicht frei ist von sozial- und arbeitsmarktpolitischen Motiven, in weiten Teilen als Renaissance einer Vergeschlechtlichung sozialer Berufe verstanden werden. Hierbei geht es um die Konstruktion eines weiblichen bzw. männlichen Arbeitsvermögens, das zwar beruflich nutzbar oder sogar notwendig scheint, aber als zu erwerbende Qualität und als professionelles Element nur unzureichend sichtbar gemacht wird (vgl. Brückner 2000). Während in den letzten Jahren unter der Überschrift "doing gender" mit Blick auf Adressatinnen und Adressaten Sozialer Arbeit eine konstruktivistische Konzeptualisierung von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen im diskursiven Mainstream angekommen schien, erweckt die aktuelle Debatte den Eindruck, als sei zumindest bezogen auf die Sozialisation von Jungen die Zeit reif für theoretisch weniger komplexe, "greifbarere" Forderungen wie die nach mehr männlichen Vorbildern in Form von männlichen Fachkräften. Damit scheint der Wert einer konstruktivistischen Bestimmung von Geschlechtlichkeit nicht in allen Bereichen konsequent (weiter)gedacht: Wenn Geschlechtlichkeit konstruiert wird, dann muss auch mit Blick auf die Professionellen in der Sozialen Arbeit gefragt werden, inwieweit diese selbst an eben diesen Herstellungsprozessen beteiligt sind und wie mit dieser Erkenntnis sinnvoll umgegangen werden kann. Allerdings ist die derzeit stärker thematisierte Verbindung von Vorbildfunktionen Professioneller einerseits und von Geschlecht andererseits keineswegs eine neue, rein jungenpädagogische bzw. jungenpolitische Erfindung. Als Impulsgeberin für eine genderreflexive Kinder- und Jugendhilfe arbeitet die Mädchenarbeit seit Beginn mit geschlechtshomogenen Ansätzen, die sowohl die Professionellen als auch die Zielgruppe betreffen. Sicherlich kann mit Blick auf die Entwicklungsgeschichte der Mädchenarbeit ein klarer Unterschied zur aktuellen Debatte ausgemacht werden: Geschlechterhomogene Ansätze sind das Ergebnis einer emanzipatorischen Bewegung der feministischen Mädchenarbeit selbst und nicht wie die aktuellen jungenpolitischen Forderungen von außen an die Pädagogik herangetragen worden. Wohlwissend, dass das Verhältnis von Mädchenarbeit und Jungenarbeit nach wie vor durch "Skepsis und kritische Distanz" (Hartwig/Muhlak 2006, 98) geprägt ist, gehen wir davon aus, dass es durchaus sinnvoll sein kann, die Aufgaben und Rollen der Fachkräfte in der Mädchen- und Jungenarbeit in Ansätzen zu vergleichen. In diesem Beitrag soll zunächst die Begründungslogik der geschlechtshomogenen Arbeitsweise in der Mädchen- und Jungenarbeit skizziert werden, um daran anknüpfend die mögliche Bedeutung männlicher Fachkräfte für die Mädchenarbeit zu diskutieren.
Beitrag
Zur Debatte um "Mehr Männer in die Soziale Arbeit?!"
Betrifft Mädchen (ISSN 1438-5295), Ausgabe 1, Jahr 2012, Seite 21 - 24
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Betrifft Mädchen (ISSN 1438-5295), Ausgabe 1, Jahr 2012, Seite 21 - 24
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Kim-Patrick Sabla / Maren Deerberg