Liebe Frau Höfler, in »Ameisen in Adas Bauch« geht es um die sechsjährige namensgebende Heldin, die bald in die Schule kommt. In ihrem Alltag passieren ihr oft Dinge, die ihre Gefühle durcheinanderwirbeln. Wie ist die Idee zum Buch entstanden? Was hat Sie inspiriert?
Die Idee war eigentlich nicht meine, das große Buch über Gefühle für Kinder war ein Herzenswunsch-Projekt meiner Lektorin Barbara Gelberg – das sie mir über Jahre immer wieder angetragen hat. In der Zeit der Corona-Pandemie dann war es für mich sehr schwierig, an einem langen Text zu arbeiten, weil ich kaum Ruhe zum Schreiben hatte. Da war plötzlich der Gedanke, Text-Miniaturen zu verfassen, eine reizvolle Idee, oder womöglich sogar die einzige machbare. Und so habe ich mich auf dieses für mich eher untypische Buchprojekt eingelassen – und dann erstaunlich viel Freude an der Verknappung und Zuspitzung in diesen kleinen, dichten Texten gefunden, die mal Kurzgeschichte, mal ungereimtes Gedicht, mal nur Beobachtung sind.
Das Buch ist eine Sammlung von kurzen Texten, die die ganze Klaviatur kindlicher Gefühlswelten zeigt. Blitzschnell wird aus Freude Wut, mal streitet sich Ada mit ihrem Bruder, mal hat sie Angst ins Wasser zu springen oder erlebt innige Ada-Mama Momente – wie waren Ihre Gefühle beim Schreiben des Buches?
Beim Schreiben erlebt man ja die Gefühle nicht direkt mit, ich sitze ja am Schreibtisch und erinnere oder kreiere sie. Aber Erinnerungen an große Gefühle lebhaft abrufen zu können, wenn man welche beschreiben will, ist natürlich schon wichtig. Und da ich ein ziemlich emotionaler Mensch bin, stecken da viele Gefühle, die ich an mir selbst oder anderen beobachtet und teils sehr deutlich zu spüren bekommen habe, drin.
Wie haben Sie selbst die Einschulungszeit erlebt. Waren Sie ängstlich oder konnten Sie es kaum abwarten, in die Schule zu kommen?
Ich war ein sehr ängstliches Kind. Und ich glaube, in Ada habe ich dieses Kind, das ich war, ein bisschen auferstehen lassen, vielleicht zum ersten Mal in einem Text, den ich geschrieben habe. Ich bin gespannt, ob meine Eltern oder auch mein kleiner Bruder (der durchaus auch in manchen Texten über oder mit Max wohl ein wenig verewigt ist) so manche Situation wiedererkennen. Insbesondere die Wasser-Angst ist total meine Wasser-Angst als Kind. Obwohl ich eine fast manische Wasserratte geworden bin, kann ich die Erinnerung an diese panische Angst vor dem Wasser immer noch absolut abrufen.
Philip Waechter hat das Buch illustriert und erzählt auf der bildlichen Ebene die Geschichte weiter. Haben Sie ein bestimmtes Lieblingsbild?
Das Buch sollte von Anfang an Bilder und Text vereinen und ich freue mich immer, wenn da jemand ist, der meine Geschichten weiterspinnen kann mit etwas, das ich gar nicht beherrsche und das völlig eigenständig ist: dem Bild! Ich mag Philips Strich schon lange wahnsinnig gerne, viele seiner Bilder sind in Buch- oder Plakatform in meinem Zuhause zu finden, und so war es mir eine große Freude, dass er jetzt ein Buch mit mir macht. Lieblingsbilder in Ada habe ich auch, ja. Zum Beispiel das Tentakelbild, als Max im Dunkeln Angst bekommt. Überhaupt mag ich jene Bilder, in denen Philip die Menschen, hier also die Kinder, als klein zeigt inmitten eines großen Drumherums, wie zum Beispiel auch Ada und Max im Rhododendronbusch. Sehr lieb sind mir aber auch die kleinen Beziehungsbilder, besonders von Ada mit ihrer Mutter. Diese Nähe, die sich im Bild nochmal ganz anders erzählt, als ich im Text das vermag.
Und zum Schluss in zwei Sätzen: Was ist das Besondere an »Ameisen in Adas Bauch« für Sie persönlich?
Ich glaube, dass gelungen ist, woran ich erst lange tüfteln und zweifeln musste: Dass hier in kurzen Texten einzelne Episoden aus einem Kinderleben erzählt werden, die für sich stehen können, aber doch auch zusammengelesen ein Ganzes ergeben. Jedenfalls hoffe ich, dass die (vor)lesenden Kinder und Erwachsenen das auch so empfinden!