Liebe Magdalena, du bist Sexualpädagogin und klinische Sexologin. Warum ist es so wichtig, mit Kindern schon früh über Sexualität zu sprechen?
Sexuelle Bildung umfasst ja so viel mehr, als Kindern zu erklären, wie Babys entstehen. Es geht um Körperwahrnehmung, Gefühle und natürlich auch Prävention von sexueller und sexualisierter Gewalt. Sexualität als etwas Lustvolles und Positives darzustellen, ist mir wichtig, da Sexuelle Bildung häufig auf Schwangerschaftsverhütung, Prävention von Krankheiten und Prävention von Gewalt reduziert wird. Kinder, die gelernt haben, dass sie offen über Sexualität mit ihren Bezugspersonen sprechen können, sagen auch schneller Bescheid, wenn ihnen etwas passiert.
In welchem Alter sollte man damit beginnen?
Man kann nicht nicht aufklären – darum am besten sobald das Kind auf der Welt ist. Beim Wickeln kann man als Beispiel bereits alle Körperteile benennen. Ja auch die Genitalien. Zudem ist jedes Bewegungsangebot förderlich für die Körperwahrnehmung und somit auch sexuelle Bildung.
Viele Eltern tun sich schwer damit, all diese Themen anzusprechen. Hast du einen Tipp, wie das gelingen kann?
Übung. Die wenigsten von uns haben einen entspannten Zugang zu Sexualität und die Sprache dafür gelernt. Aber wir lernen ein Leben lang. So auch hier. Lies Bücher, höre Podcasts oder schau Serien, in denen das Thema Sexualität besprochen wird. So kannst du dir einen Wortschatz aneignen, der sich nach und nach gar nicht mehr komisch anfühlt, sondern vollkommen normal.
Der Klassiker »Wie kommt das Baby in den Bauch?«: Was antworte ich meinem Kind auf diese Frage?
Je nach Entwicklungsstand und Interesse des Kindes. Von: »Wenn die Vagina einen Penis aufnimmt und Sperma aus der Eichel kommt und diese Spermien zur Eizelle schwimmen und die befruchten, dann kann ein Kind entstehen« bis zu In-vitro Fertilisation kann man Kindern eigentlich alles kindgerecht erklären.
Kann frühzeitige Sexualaufklärung auch zum Schutz vor sexueller und sexualisierter Gewalt beitragen?
Ein 100%iger Schutz ist eine Illusion. Wir Erwachsene müssen die Verantwortung für den Kinderschutz übernehmen. Ein Part davon ist sexuelle Bildung wie z.B. korrekte Begriffe für Genitalien zu verwenden. Unwissenheit schützt Kinder nicht, nur die Täter*innen. Zudem ist Sexuelle Bildung immer auch Täter*innen-Prävention, da wir wissen, dass die meisten Sexualstraftäter*innen aus sexualfeindlichen Familien kommen.